Biosystematik

Sicher bist du auf firmm.education oder anderen Seiten schon auf Begriffe wie Stamm, Klasse, Ordnung oder Art gestoßen. Diese Kategorien dienen dazu, Lebewesen nach ihren Merkmalen zu gruppieren. Dabei gibt es ganz unterschiedliche Vorgehensweisen. Schon Aristoteles schuf vor über 2000 Jahren ein System, in welchem er die Lebewesen stufenweise anordnete: von primitiv bis hoch entwickelt.

Heute werden vor allem die klassische Systematik und die phylogenetische Systematik genutzt. Lerne mit uns, was diese beiden Methoden ausmacht.

Klassische Systematik

Die klassische Systematik entstand im 18. Jahrhundert und geht auf den schwedischen Naturforscher Carl von Linné zurück. Sie gruppiert die Lebewesen nach ihrer Ähnlichkeit, dabei gibt es folgende Rangstufen: Domäne, Reich, Stamm, Klasse, Ordnung, Familie, Gattung und Art.

Durch neuere Erkenntnisse wurden immer wieder Änderungen vorgenommen und bestimmte Rangstufen noch weiter unterteilt oder zusammengefasst. So entstanden Über- und Unterstufen, zum Beispiel Unterordnung, Überfamilie usw.

In der folgenden Übersicht schauen wir uns die einzelnen Rangstufen an und nehmen als Beispiel die in der Straße von Gibraltar lebenden Grindwale (Globicephala melas).

Domäne

Wir unterscheiden drei Domänen:

  • Eukaryoten (Lebewesen mit einem Zellkern)
  • Bakterien
  • Archaeen (Urbakterien)

Heute sind Bakterien und Archaeen eigene Domänen, davor waren sie in der Domäne Prokaryoten (Lebewesen ohne Zellkern) zusammengefasst.

Die Grindwale gehören ganz klar zu den Eukaryoten.

Reich

Die Rangstufe Reich gibt es nur für die Eukaryoten. Die einzelnen Reiche sind:

  • Opisthokonta (einzellige, mehrzellige, vielzellige Tiere und Pilze)
  • Amoebozoa (Amöbenartige + Schleimpilze)
  • Rhizaria (amöbenartige Lebewesen mit Scheinfüßchen)
  • Archaeplastida (z. B. Landpflanzen, Grünalgen, Rotalgen)
  • Chromalveolata (viele eukaryotische Algen, z. B. Braunalgen)
  • Excavata (verschiedene ein-/wenigzellige Lebewesen mit Geißeln)

Grindwale gehören also ins Reich Opisthokonta.
Bakterien und Archaeen werden nicht in Reiche unterteilt, sondern gleich in Stämme.

Stamm

Je tiefer wir kommen, desto stärker verzweigt sind die Rangstufen. Allein schon bei den vielzelligen Tieren gibt es etwa 30 Stämme. Die Stämme der Wirbellosen sind Nesseltiere, Schwämme, Weichtiere, Gliederfüßer usw.

Der Stamm der Chordatiere (Chordata) umfasst die Unterstämme Wirbeltiere (Vertebrata), Schädellose (Cephalochordata) und Manteltiere (Tunicata). Die Grindwale gehören also in den Stamm der Chordatiere und zum Unterstamm der Wirbeltiere.

Klasse

Nach den Stämmen folgt die Rangordnung der Klassen. Wir bleiben für die Grindwale gleich bei den Klassen für den Unterstamm der Wirbeltiere. Die 5 Wirbeltierklassen sind dir ganz sicher ein Begriff: Fische, Amphibien, Reptilien, Vögel und Säugetiere.

Die Klassen können weiter unterteilt werden in Unterklassen, von denen es bei den Säugetieren drei Unterklassen: eierlegende Ursäuger (z. B. das Schnabeltier), Beutelsäuger (z. B. das Känguru) und höhere Säugetiere oder Plazentatiere (z. B. der Grindwal).

Ordnung

Nach der Klasse kommt die Ordnung. Bei den höheren Säugetieren sind das zum Beispiel:
Primaten, Paarhufer, Raubtiere, Nagetiere, Wale …

Du siehst schon, dass Wale ein sehr weit gefasster Begriff ist. Die Ordnung der Wale (Cetacea) teilt man noch einmal in die Unterordnungen Zahnwale und Bartenwale. Grindwale gehören zu den Zahnwalen.

Familie

Nach weiteren gemeinsamen Merkmalen gruppiert sind die Familien. Die Bezeichnung für Familien erkennt man in der Zoologie an der Endung -idae im wissenschaftlichen Namen. Die Grindwale gehören zur Familie der Delfine (Delfinidae).

Verschiedene Familien können zu Überfamilien zusammengefasst werden, erkennbar an der Endung -oidea. So bilden die Familien der Delfine, Gründelwale (Beluga, Narwal) und Schweinswale die Überfamilie der Delfinartigen (Delfinoidea).

Andersherum werden bestimmte Familien aber auch noch einmal in Unterfamilien aufgeteilt, die man an der Endung -nae erkennt. Bei den Delfinen sind das die Stenoninae, die Delphininae, Lissodelphininae, Orcaellinae und Globicephalinae. Die Grindwale gehören (wie übrigens auch die Orcas) zur Unterfamilie Globicephalinae, was so viel wie Rundköpfige bedeutet.

Gattung

Unterhalb der Familie befindet sich die Gattung. Die Gattung kann mehrere Arten gleicher Abstammung umfassen oder auch nur eine Art.

Der Gattungsname ist der erste Bestandteil der wissenschaftlichen Bezeichnung einer Art – beim Gewöhnlichen Grindwal (Globicephala melas) steht also Globicephala für die Gattung. Zu dieser Gattung gehört noch eine weitere Grindwalart: der Indische Grindwal (Globicephala macrorhynchus).

Art

Die Art oder Spezies ist eine Gruppe von Individuen, die sich durch bestimmte gemeinsame Artmerkmale klar von anderen Arten abgrenzen lassen und sich untereinander fortpflanzen können.

Unser Gewöhnlicher Grindwal (Globicephala melas) hat längere Brustflossen als der Indische Grindwal (Globicephala macrorhynchus). Auch überschneidet sich das Verbreitungsgebiet der beiden Arten kaum: Während unser Grindwal in gemäßigten und kalten Gewässern lebt, bevorzugt der Indische Grindwal tropische und subtropische Gewässer.

Der wissenschaftliche Artname ist zweiteilig und besteht aus dem großgeschriebenen Gattungsnamen und dem kleingeschriebenen Epitheton (Zusatz) zur Identifikation der Art.

Population

Die Gesamtheit aller Individuen derselben Art, die in einem bestimmten Gebiet leben, nennt man Population. Die Population ist kein Bestandteil der Systematik, kann jedoch eine wichtige Rolle bei der Anerkennung von Arten oder Unterarten spielen.

Verschiedene Populationen können isoliert voneinander leben und so spezielle Merkmale entwickeln, die sie vom Rest der Art unterscheiden. Bevor sie den Status als eigene Art erhalten, werden sie häufig als Unterarten beschrieben; dann kommt im wissenschaftlichen Namen noch ein dritter Bestandteil hinzu. Dies ist zum Beispiel bei den Großen Tümmlern im Schwarzen Meer der Fall (Tursiops truncatus ponticus).

Rangstufen für den Grindwal

Hast du die Beschreibungen für die Rangstufen aufmerksam gelesen? Dann kannst du sie sicher für den Grindwal nachstellen. Probiere es aus.

Phylogenetische Systematik

Wenn es um verwandtschaftliche Beziehungen geht, stößt die klassische Systematik an ihre Grenzen. Fische, Amphibien, Reptilien, Vögel und Säugetiere stehen zum Beispiel als Klassen nebeneinander. Man kann daraus nicht ableiten, wie sich die einzelnen Klassen stammesgeschichtlich entwickelt haben und dass zum Beispiel die Quastenflosser und Lungenfische viel näher mit den Landwirbeltieren verwandt sind als mit anderen Fischen.

Die phylogenetische Systematik (auch: Kladistik) untersucht durch Vergleiche mit anderen Arten sowie mithilfe von Fossilien, auf welche Stammformen die heutigen Lebewesen zurückgehen. Diese Methode der Einordnung wurde in den 1950er Jahren vom deutschen Biologen Willi Hennig begründet.

Unsere Übersicht zeigt in vereinfachter Form die Entwicklung der Wirbeltiere. Du siehst, dass sich die Landwirbeltiere aus der Gruppe der Fleischflosser entwickelt haben und die Vögel von den Dinosauriern abstammen und demzufolge von den Reptilien abzweigen.

Stammbaum Wirbeltiere

Zusammenfassung

In dieser Lektion haben wir einen Blick in die Biosystematik geworfen und uns mit wichtigen Begriffen zur Einteilung der Lebewesen befasst. Fassen wir das Wichtigste noch einmal zusammen.

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Quellen und Zusatzinfos

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Stiftung firmm

Die Stiftung firmm setzt sich aktiv für die Erforschung und den Schutz von Walen und Delfinen und ihres Lebensraums Meer ein.

Unser Standort Tarifa an der Straße von Gibraltar dient als Forschungs­station und bietet allen Besuchern die Möglich­keit, die faszinierenden Meeressäugetiere in ihrem natürlichen Lebens­raum zu erleben.